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Mit seinen gut dreißig Jahren gehört Matthias zu den älteren
Semestern der Branche.
In diesen Wochen wird nun endlich Ambermoon ausgeliefert - und
wir greifen dieses Thema noch einmal auf, denn wir haben von
Mathias Steinwachs, dem Soundprogrammierer von Ambermoon, einen
äußerst lesenswerten Erlebnisbericht bekommen, den wir Euch
nicht vorenthalten wollen. Seht selbst, wie man als Computermusiker
lebt. 24.2.92
Erik Simon, der Leiter der Softwareentwicklung, ruft an und
erzählt mir von dem Ambermoon-Projekt. Da wir schon einige Zeit
zusammen arbeiten gibt er mir den Auftrag zur Musik. Er redet
von Titelmusik, etwa 15 Ongame-Songs und einer Schlußmusik.
Außerdem drückt er mir gleich noch den Auftrag für Lionheart
aufs Auge. Da aber beide Deadlines noch in weiter Ferne liegen
und ich noch einige andere Aufträge habe, lasse ich erstmal
die Finger davon. |
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5.4.92
Ich fahre mal eben nach Gütersloh zu Thalion, um mir ein Bild von
Ambermoon und Lionheart zu machen. Ist ja auch nur ein Katzensprung
von Berlin aus. Sieht schon toll aus, auch wenn noch nicht viel zu
sehen ist. Eriks Vorgaben für die Musik beschränken sich auf: "Anhören
soll es sich wie l MB Musik, soll aber nicht mehr als etwa 10 - 20
Kb belegen. Wie du das machst ist Dein Problem". Na toll. Wir beschließen,
es mit dem Sonic Arranger zu versuchen, weil der den internen Chip
besser nutzt als jedes andere Programm und die Module wenig Platz
beansprucben.
Mai/Juni 92
Da ich noch keine Probelevels habe, mache ich erst mal die Musik zu
No Second Price. Gut Ding will Weile haben.
28.6.92
Eine Liste von Jurie. Hurra. Jetzt weiß ich wenigstens, welche Musiken
er bei Ambermoon erwartet. Ich mache mich gleich an die Arbeit. Im
Laufe der nächsten drei Wochen entstehen etwa 15 Musiken. Hatte einen
echt kreativen Schub. Den hatten leider auch die Programmierer und
erweitern ihre Wunschliste der Musiken immer wieder.
23.7.92
Und eine Liste mit Wünschen für Lionheart von Erwin. Die Speicherangaben
sind etwas realistischer geworden (60 - 80 kb), da kann man schon
vernünftig arbeiten. Sieben Level sollen es nun sein, plus Intro und
Extromusik. Was aber um alles in der Welt ist ein "Riesen-Schleim-Ding-mit-Auge-in-der-Mitte"
?
3.8.92
Vorbei ist es mal wieder mit der Kreativität. Erik ruft an (schlechtes
Zeichen) und "bittet" mich, eben mal 20 Musiken von Amberstar für
den PC umzusetzen. Und das nur nach Gehör in drei Wochen. Trotxdem
schaffe ich noch drei Entwürfe für Lionheart in diesem Monat. Eigentlich
erstaunlich.
September 92
Bis jetzt hatte Erik nichts an der Musik zu beanstanden. Nur die Endmonstermusik
beim Lionheart ist ihm noch zu zahm. Er will "daß dem Spieler das
Adrenalin aus den Ohren spritzt." Kann er haben. Außerdem neue Direktive:
Laß Ambermoon liegen - mach Lionheart fertig. Das soll vor Weihnachten
erscheinen. wer's glaubt...
Oktober 92
Endlich, ein spieltahiges Demo vom ersten Level von LH. Außerdem fällt
der zweite Level dem Zeitdruck zum Opfer. Soll mir recht sein. Ich
mache den Sumpf-und den Spinnenlevel zu Ende und einige Entwürfe am
Midikeyboard für die übrigen Level.
November 92
Endlich ist das Intro und das Extro da. Da die Musik getimed laufen
soll, geht die Arbeit mit der Stoppuhr los. Ich verwende eine Handvoll
Motive aus Wagners Ring und dem fliegenden Holländer, echt witzige
Idee, nur wird das niemand bemerken.
Dezember 92
Anfang des Monats stehen die LH-Musikcn und Erwin beginnt mit dem
Einhau. Das Sonic Arranger Format wird nochmal überarbeitet. Jedes
Byte zählt. Ich beginne mit den FX (sind ja nur etw a 70 Sounds) und
habe Erwins "Eigentlich-habe-ich-dafür-gar-keinen-Platz-mehr" im Ohr.
Naja. Mit etwa 200 Byte pro Sound muß ich halt auskommen, von einigen
Ausnahmen einmal abgesehen. Meine Phantasie wird bei spuckenden Teekesseln
und "Dinger spuckenden Fensterschmeißern" (O-Ton Erik) arg strapaziert.
Es wird klar. daß LH erst nächstes Jahr erscheint.
Januar 93
Erik hat noch einen Geheimlevel geschaffen, der musikalisch versorgt
sein will. Da die Zeit nicht mehr drängt, werden einige Musikstücke
nochmal überarbeitet. Daß ich noch andere Aufträge habe, scheint bei
Thalion niemanden zu interessieren. Warum auch.
Februar/März 93
Nachdem Lionheart beendet ist, melden sich die Ambermoon-Leute wieder
zu Wort. Immer neue Transportmittel werden ins Spiel eingebaut (Sandschlitten,
Besen und mehr) und erfordern auch immer neue Musiken. Jetzt bin ich
inzwischen bei 22 Tracks und ein Ende ist nicht abzusehen.
April 93
Nun sind auch die Grafiken des Ambermoon-Intros fertig. Also. wie
gehabt. Stoppuhr raus und los gehts. Ich kann es mal wieder nicht
lassen und baue noch ein paar Takte Star Trek mit ein. Außerdem mache
ich für Ikarion noch eben die Musik zu Hattrick.
Mai 93
Ich fahre mal wieder nach Gütersloh. um mich vom Fortgang der Arbeiten
zu überzeugen. Bei der Gelegenheit presse ich Willi gleich eine Nachzahlung
ab, da der Auftrag inzwischen doch eine starke Eigendynamik erlebt.
Bei Jurie und Carsten fallen daraufhin alle Schranken und sie geben
mir eine Liste mit zehn weiteren Musikwünschen. Mit mir kann man es
ja machen.
Juni/Juli 93
Die letzten Dungeons wer gezimmert, die letzten Sonderwünsche erfüllt.
So langsam nähere mich dem kreativen Engpaß. Kein Wunder bei fast
35 Musiken. Ich fange an, einige Musiken für geplante CD umzusetzen
und warte auf das angedrohte Extro.
August 93
Urlaub. Ich will nichts hören von Musik.
September 93
Es wird kein animiertes Extro geben. Also habe ich freie Hand. (Das
hätten sie sich auch eher überlegen können). Erik hätte gerne noch
eine Game-Over-Musik. In der stillen Hoffnung, daß damit der Ambermoon
endgültig von meinem Himmel verschwindet, erledige ich auch dieses.
Mit den Aufträgen zu Zeppelin von Ikarion und dem Schatz im Silbersee
von Linel bin auch so ausreichend versorgt. Am 26.9. schicke ich die
letzte Musik Richtung Gütersloh, begleitet mit der Aufforderung an
Erik, seine eventuellen Anderungswünsche für sich zu behalten. Er
tut es. Nun steht die Konvertierung für den PC ins Haus, danach beginnen
die Arbeiten zum dritten Teil der Amberstar-Trilogie.
Wir werden sehen... |
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