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When will I be famous ?

Soundguru Matthias Steinwachs spricht
Mit dem Erscheinen des Amigas ist es selbst für unmusikalische Menschen möglich geworden, vorzeigbare Musikstücke zu komponieren. Wie aber kommt es, daß manche Musiker ihre Musik verkaufen können, während andere ihr Leben lang im stillen Kämmerlein werkeln? Was mußt Du tun, um Erfolg zu haben? Der folgende Leitfaden soll da weiterhelfen.

Kapitel l
Das Equipment

Ich kann davon ausgehen, daß Du einen Amiga besitzt. Das ist gut. Besser wäre es allerdings, wenn Du zusätzlich noch einen PC hättest. Für die Firmen, die keinen In-House-Musiker beschäftigen, ist jeder freie Mitarbeiter ein organisatorisches Risiko, da sie diesen nur schwer kontrollieren können.

Man versucht also, dieses Risiko zu minimieren, indem möglichst alle Jobs, die die Musik betreffen, in eine Hand gegeben werden, also auch die Konvertierungen für andere Systeme. Und leider ist es mittlerweile auch so, daß viele Games zuerst für den PC erscheinen und dann für die Freundin umgesetzt werden. Deine Chancen steigen mit der Zahl der Systeme, die Du unterstützt.

Wahrscheinlich hast Du Deinen Rechner an die Stereoanlage angeschlossen. Das ist für die Arbeit selber sicherlich nützlich, doch sollte man nie vergessen, die fertigen Songs noch einmal über den Monitorlautsprecher abzuhören. So manches, was aus der Anlage noch glasklar tönte, klingt hier plötzlich verzerrt. Also: Immer von der Minimalkonfiguration eines Käufers ausgehen. MIDI kann die Arbeit ungeheuer erleichtern - sowohl das Einspielen als auch die Komposition selber.

Ein MIDI-Interface plus Keyboard ist da sicherlich keine Fehlinvestition. Solltest Du mehrere Rechner haben, empfiehlt sich die Anschaffung eines Mischpultes, da selbst die beste Anlage bei vier oder mehr Soundquellen überfordert ist und die ewige Stöpselei irgendwann nervt. Letztendlich darf natürlich auch ein Sampler nicht fehlen. Für den Anfang reichen da die handelsüblichen D/A-Wandler, später kann es dann ruhig ein professioneller Sampler, z.B. von Akai, sein, der dann aber wesentlich teurer ist.Zum Vergleich vielleicht mal mein Equipment: Ein Amiga 500 (reicht vollkommen), drei PCs bestückt mit Soundblaster 2.0, Audioblaster 4.0, Adlib Gold, Roland SCC-1 und Roland-LAPC-1, fünf Keyboards (2x Roland, Ensoniq, Moog und Korg). ein Atari ST, zwei Mischpulte und eine 200 Watt-Anlage.

Kapitel II
Die Musik

Die Anlage steht nun und die ersten Ideen stürzen auf Dich ein. Sollten sie etwas mit Techno oder House zu tun haben, dann vergiß sie wieder. Bei dem Wer-baut-den-höchsten-Turm-aus-Techno-Demos-Wettbewerb liegt meines Wissens Thalion mit 2,47m in Führung. Das Dumme daran ist, daß es eigentlich nur sehr wenig Spielegenres gibt, wozu diese Art von Musik passen würde. Techno in einem Rollenspiel oder House in einer Flugsimulation wirken eben leicht deplaziert. Zum Vorbild sollte man sich immer gute Filmmusiken nehmen. Mit der Verbesserung der Hardware sind auch die Ansprüche der Firmen gestiegen.

"Es sollte so klingen wie die Filmmusik von..." bekommt man häufig -zu hören. Versuch' einfach mal, verschiedene Filmszenen zu vertonen, z.B. den Absturz eines Flugzeuges, eine Lovestory oder einen Indianerangriff. Das sind Dinge, die gefragt sind. Reißerische Titelmusiken, bei denen man völlig freie Hand hat, kommen nur alle Jubeljahre einmal vor. Auch wenn manche Leute das Gegenteil behaupten: Es ist unbedingt von Vorteil, wenn man Noten lesen kann oder sogar Einblicke in die Kompositionslehre hat. Und, viele mögen das für albern halten: Das Studium klassischer Kompositionen und Instrumentierungstechniken ist, seit es die CD-ROM gibt, ebenso hilfreich. Natürlich ist es einfacher, sich den Soundtracker zu schnappen, auf den ersten Track die Drums zu legen, dann irgendeinen Bass und der Rest wird schon kommen. Nur: So hört es sich dann auch an und hunderte anderer "Musiker" arbeiten genauso.

Kapitel III
Die Bewerbung

Wenn Du bis hierhin alles beherzigt hast, bist Du jetzt im Besitz einiger vorzeigbarer Demosongs. Nun gilt es, diese Musik an die Firmen weiterzuleiten. Die Adressen findest Du oftmals in den Fachzeitschriften (wobei englische da ergiebiger sind). Auch können Dir Softwareversandhäuser oder die Redaktionen besagter Zeitschriften weiterhelfen. Du packst also alle Deine 37 Demosongs auf alte Disketten, von denen die Hälfte keine weitere Formatierung mehr überstehen würden und schreibst einen Brief mit der Hand, schön unleserlich am besten, mit folgendem Wort-laut:"Ich hab da ein paar Musiken, nichts tolles, eben ganz nett, vielleicht hören Sie da mal rein, wenn Sie Zeit haben, wenn nicht, ist auch nicht schlimm." Alles falsch. Geh davon aus, daß jede Firma jede Woche Dutzende von Sounddemos bekommt. Deines muß sich abheben, nicht nur musikalisch, sondern auch von der Verpackung her, denn es muß auffallen, damit es gehört wird. Steck die Disketten (die selbstverständlich neu sind, denn beim ersten Read/Write Error ist Deine Vorstellung beendet) in eine CD-Hülle, in eine Pralinenschachtel oder sonst was auffälliges. Nicht mehr als eine, mehr hört sich keiner an. Noch besser ist ein Tape, das kann man dann auf der Heimfahrt im Auto hören. Schicke nur Briefe, die mit einem Drucker oder einer Schreibmaschine getippt sind. Auch wenn es oldfashioned klingen mag: Der erste Eindruck -auch der äußere - entscheidet. Und, am wichtigsten: Du mußt Dich verkaufen. Du mußt die Firma überzeugen, daß Du der Beste bist. Und wenn Du nicht davon überzeugt bist, wer soll es denn dann sein? Einige Beispiele, mit denen ich Erfolg hatte:

"Warum sich mit weniger begnügen, wenn Sie den besten Musiker haben können, den man für Geld kaufen kann -MICH!"
Oder: "Ich habe die Musik von Ihrem letzten gehört.
Schmeißen Sie Ihren Musiker raus. Ich bin besser." Das klingt zwar alles furchtbar überheblich, hinterläßt aber einen bleibenden Eindruck - allerdings nur, wenn Deine Musik auch wirklich besser ist. Mit Worten allein bekommt man keine Autträge. Wenn Du Dein Demo abgeschickt hast, ruf einige Tage später bei der Firma an. Geh Ihnen auf den Wecker. Frag nach, um sicherzugehen, daß sich Deine Mühe gelohnt hat. Und letztendlich: Nicht aufgeben. Nicht nur eine Firma anschreiben, sondern zehn oder zwanzig. Die Masse bringt den Erfolg.

Kapitel IV
Über den Umgang mit Firmen

Du hast es also geschafft - Dein erster Auftrag, gratuliere.
Ganz wichtig: Laß Dir den Auftrag auf jeden Fall schriftlich bestätigen. Falls es später zu Zahlungsverzögerungen kommt, ist das ein enormes Hilfsmittel. Denk daran:
Jedes Soundprojekt erfordert einen Kreativitäts-schub.

Nicht Dein Musikgeschmack ist entscheidend, sondern der des Leiters der Softwareentwicklung. Frag ihn vorher genau, was er sich vorstellt. Deine Musik mag noch so gut sein; wenn der Mann einen völlig verquasten Geschmack hat, hast Du keine Chance. Anfänger werden oft über den Tisch gezogen, was das Honorar angeht. Glaub den Firmenbossen kein Wort, wenn sie beteuern, daß sie nie mehr für eine Musik zahlen würden und bei der augenblicklichen Situation des Marktes stehe die Firma sowieso kurz vor der Pleite. So ein Gejammer gehört zum Geschäft und hat meist nichts zu bedeuten. Erkundige Dich bei Musikern, die schon länger dabei sind, nach den branchenüblichen Preisen. Halte unbedingt die Termine ein. Die Firmen lieben pünktliche Mitarbeiter. Zuverlässigkeit wird fast ebenso hoch eingeschätzt wie die gute Qualität der Musik.

Und über eines solltest Du Dir im klaren sein: Musik machen kann in Arbeit ausarten. Wenn es heißt: "Liefern Sie uns bis Ende des Monats 15 Titel", dann gehört eine gehörige Portion Selbstdisziplin dazu, jeden zweiten Tag eine Musik fertigzustellen. Da muß die Kreativität eben durch Routine ersetzt werden. Wenn Dich bis zu diesem Punkt nichts abgeschreckt hat und Du überzeugt bist: "Das bringe ich auch", dann steht Deiner Karriere nichts mehr im Weg. Viel Glück.

Das Schlußwort überlasse ich einem amerikanischen Kollegen, der einmal bemerkte: "Musik für Computerspiele zu machen hat, soviel Spaß es auch macht, zwei entscheidende Nachteile: Du wirst nie wirklich reich und nie wirklich berühmt." Recht hat der Mann.

AMIGA GAMES 1/94